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10. Lernnetzwerktreffen: Die Übertragung Guter Praxis erleichtern

Beim 10. Lernnetzwerktreffen in Dortmund wurden ein Online-Tool und erste Ansätze eines Kontextmodells vorgestellt. Damit soll für die Kommunen eine Übertragung guter Praxiselemente erleichtert werden.

18 Modellkommunen nehmen bei „Kein Kind zurücklassen!“ teil. Dabei haben viele innovative und erfolgreiche Strukturen einer Präventionskette – von vor der Schwangerschaft bis zum Eintritt in das Berufsleben – aus- und aufgebaut. Aber wie können die Erkenntnisse über Gute Praxis zwischen den beteiligten Kommunen genutzt werden? Beim 10. Lernnetzwerktreffen am 4. Dezember in Dortmund wurden ein Online-Tool und erste Ansätze eines Kontextmodells vorgestellt. Die Instrumente sollen die Kommunen im Rahmen eines strukturierten Begleitprozesses bei der zielgerichteten Übertragung guter Praxiselemente unterstützen.

Ab Frühjahr 2015 soll ein Online-Tool dabei helfen, eine kleinräumige Standortanalysen von Akteursstrukturen sowie kommunale und sozialräumliche Präventionsnetzwerke durchzuführen. Welche Netzwerke, Anbieter und Angebote gibt es vor Ort? „Dieser Überblick ist wichtig, damit Präventionsarbeit effektiv und passgenau möglich wird“, so Marie Dufri Holmgaard. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Landeskoordinierungsstelle „Kein Kind zurücklassen! Kommunen in NRW beugen vor“ ist für das Online-Tool zuständig. Oft gebe es kein kommunales Überblickswissen über die Stakeholder eines Quartiers. „Wir haben mit dem Online-Tool die Möglichkeit, Strukturen und Lücken sichtbar zu machen, die vorher verborgen waren. Damit können wir eine wichtige Grundlage für Planungsprozesse legen.“

„Wir befinden uns mit ‚Kein Kind zurücklassen!‘ gerade in einer Phase, in der wir uns auf die Vorbereitung für das Wissensmanagement konzentrieren“, so Dr. Heinz-Jürgen Stolz, Leiter der Landeskoordinierungsstelle. Man habe im vergangenen Lernnetzwerktreffen Kriterien zur Bestimmung von Guter Praxis erarbeitet. „Nun geht es darum, den strukturierten Begleitprozess der 18 Modellkommunen sicherzustellen.“ So könnten gute Praxiselemente auch bei unterschiedlichen kommunalen und sozialräumlichen Rahmenbedingungen in anderen Kommunen oder Sozialräumen von „Kein Kind zurücklassen!“ ermöglicht werden.

Bestandteil des Online-Tools ist ein Fragebogen, der als Hilfestellung für die Kommunen gedacht ist und an die lokalen Gegebenheiten angepasst werden kann. In einem strukturierten und fachlichen Begleitprozess werden mit kommunalen Sozial-, Jugendhilfe-, Kita- oder auch Schulplanern aus einem Pool von 10 fachlich geprüften Fragen mit knapp 200 Antwortoptionen diejenigen ausgewählt, die für die Kommune bei der Analyse des Sozialraumes wichtig sind. Dabei können auch eigene Fragen berücksichtigt werden. Der individuell angepasste Fragebogen wird dann einem ausgewählten Adressatenkreis per E-Mail zugeschickt. Die Auswertung der Antworten in der Online-Maske erfolgt automatisch. Dadurch ist es unter anderem möglich, am Ende auf einer Präventionslandkarte zu sehen, wo sich Angebote im Sozialraum befinden und welche Netzwerke es gibt. Zudem können durch die Auswertung auch häufig angesprochene Zielgruppen und Angebotsformen dargestellt oder Zusammenhänge zwischen Trägerformen und Schwerpunkten deutlich gemacht werden.

In einem Gespräch zwischen Marie Dufri Holmgaard und Ingolf Sinn vom Netzwerk INFamilie, das im Dortmunder Hannibal- und Brunnenstraßenviertel Präventionsarbeit kleinräumig plant und umsetzt, wurde das Vorgehen bei einem Beratungsgespräch im Vorfeld einer Standortanalyse simuliert. Gegenwärtig soll das Netzwerk INFamilie auf 13 weitere Aktionsräume ausgeweitet werden. Ziel der Standortanalyse war es, einen Überblick der Akteursstruktur anderer Stadtteile zu gewinnen. Dabei wurde deutlich, wie nützlich das Online-Tool für Kommunen sein kann. „Es ist eine große Arbeitserleichterung in der Vorbereitung der Befragung und auch in der Auswertung“, so Ingolf Sinn. Man präzisiere damit die eigene Fragestellung und erhalte damit handhabbare und verwertbare Ergebnisse.

Christin M. Jasper, wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Landeskoordinierungsstelle, wies in der Darstellung des Kontextmodells darauf hin, dass beim Wissensaustausch über Gute-Praxis-Ansätze bestimmte Kontextbedingungen berücksichtigt werden müssten. „Es gibt so etwas wie eine ‚gefühlte Relevanz‘ von Informationen, wenn man sich über gute Praxisbeispiele austauscht. Aber es ist nicht garantiert, dass wirklich alle wesentlichen Aspekte besprochen werden, die den Kontext des Erfolgs gebildet haben“, so Jasper. Welche Rahmenbedingungen gab es in der Kommune und im Sozialraum, in dem das Projekt erfolgreich lief? Was muss man also bedenken wenn es in der aufnehmenden Kommune oder im Sozialraum andere Rahmenbedingungen gibt? Ein Kontextmodell helfe den Fachkräften bei der Auswahl und Strukturierung von relevanten Fragen, die es vor der Übertragung von Guter Praxis zu klären gilt.  Das Kontextmodell soll die Grundlage für einen praxisrelevanten Leitfaden beim Austausch Guter-Praxis-Ansätze zwischen den Modellkommunen von „Kein Kind zurücklassen!“ bilden.

Dr. Johannes Schütte, wissenschaftlicher Assistent in der Landeskoordinierungsstelle, erläuterte vier Grunddimensionen des Kontextmodells: „Es gibt eine sozioökonomische, eine institutionelle, eine individuelle und eine Diskurs-Dimension.“ Diese wurden innerhalb verschiedener Workshops mit Fragestellungen hinterlegt. Kontextbedingungen seien, so Dr. Schütte, zentral für ein erfolgreiches Wissensmanagement. Dadurch könnten alle Modellkommunen von den bisher gemachten Erfahrungen bei „Kein Kind zurücklassen!“ profitieren.

Damit das Kontextmodell auch wirklich praxisrelevant ist, fand in verschiedenen Arbeitsgruppen ein Austausch zu guten Praxisansätzen statt. Hierbei wurde in einer Live-Situation der interkommunale Austausch zwischen projektanfragender und projektabgebender Kommune simuliert. So sollte herausgefunden werden, welche Informationen vor der Übertragung Guter-Praxis-Ansätze in einen anderen Sozialraum für die Kommunen wesentlich sind, um diese dann in das Kontextmodell einzuarbeiten. In den Gesprächen ging es weniger um den Projektinhalt, sondern um die Kontextbedingungen, unter denen ein Projekt erfolgreich umgesetzt werden konnte.

Christin M. Jasper: „Für die Kommunen, die ein gutes Projekt aus einer anderen Kommune bei sich umsetzten wollen, ist es wichtig, zu wissen, unter welchen Bedingungen dies geschehen ist und was sie beachten müssen.“ Die mehr als 100 gesammelten Fragen aus den Workshops werden nun systematisiert und in das Kontextmodell einfließen, damit es in dem strukturierten Begleitprozess der Landeskoordinierungsstelle eingesetzt werden kann.

Beim Lernnetzwerktreffen in Dortmund diskutierten die Koordinatorinnen und Koordinatoren der 18 Modellkommunen darüber, wie Beispiele Guter Praxis in andere Kommunen übertragen werden können. Bild: ISA/Henning Severin