Unser Qualitätskreislauf
Das Modell des Qualitätskreislaufs gliedert sich wie die drei konzentrischen Kreise des „Golden Circle“ – auf der Basis der Wissensbasierung. Die ebenfalls querschnittlich geltenden sieben Präventionsleitlinien entsprechen dem State of the Art. Die Lesart der konzentrischen Kreise führt von innen nach außen: Das › WHY – die Sinnfokussierung – liefert demnach den entscheidenden Interpretationsschlüssel zum Verständnis des Qualitätskreislaufs. Die Wissensbasierung qualifiziert den so fokussierten Sinn als rational, empirisch belastbar und praxisrelevant umsetzbar.

Wissensbasierung
Wissensbasierung und Sinnfokussierung ergänzen einander und bilden die Basis des Qualitätsrahmens.
Neben dem Einbezug von Betroffenenperspektiven (z.B. zum Zweck der Bedarfsermittlung) geht es dabei insbesondere um die Verknüpfung von Fachkräfteperspektiven und quantitativen Daten, wie sie etwa durch Sozial statistiken geliefert oder auch in Sozialraumanalysen eigens erhoben werden. Voneinander isoliert betrachtet können beide Wissensformen in die Irre führen!
Auf der einen Seite ist Fachkräftewissen wichtig, aber keineswegs unfehlbar, was auch für die Fachkräftewahrnehmung statistischer Analysen gilt. Selbst erfahrene Fachkräfte können durch Sozialstatistiken überrascht werden und diese in ihr Praxiswissen integrieren. Auf der anderen Seite sind auch Statistiken allein nicht aussagekräftig genug.
Statistische Daten können auf den ersten Blick z.B. nahelegen, dass das gemessene Merkmal „Migrationshinter grund“ Armut und Bildungsbenachteiligung erkläre, und dafür dann vorschnell „kulturelle Differenzen“ verantwortlich machen. Bei näherer sozialstatistischer Analyse und durch vertiefende wissenschaftliche Studien kann aber gezeigt werden, dass der Effekt auf die sozioökonomische Lage zurückzuführen ist – und Menschen mit Migrationshintergrund, die der Mittelschicht angehören, ungeachtet ihrer „Herkunft“, diese Probleme nicht haben. Der Fokus läge dann auf Armutsbekämpfung, nicht auf Kulturfragen.
Formate zur Strategiegestaltung
Aufbauend auf dem Sinn der kommunalen Präventionskette, geht es im „WHAT?“ um die sinnfokussierte Erstellung einer kommunalen Handlungsstrategie. Dies bedeutet zum einen, dass in jedem Umsetzungsschritt die gemeinsame Bindung („Commitment“) der beteiligten Akteure an die Leitorientierung der Förderung gelingenden Aufwachsens sichtbar bleibt. Und es bedeutet zum anderen, das verteilte (implizite) „Wissen im System“ zielführend zu objektivieren und zusammenzubringen. Alle Gremien (z.B. Steuerungs- und Arbeitsgruppen), Funktionsstellen (z.B. hauptamtliche Koordination), Veranstaltungsformate und Tools (z.B. Geoinformationssysteme, Präventionsmonitoring, Elternsuchmaschinen für Angebote) sollten so gestaltet und dialogisch eingebunden sein, dass der zusammenführende Blick auf das Ganze erhalten bleibt.
Der Aufbau von kommunal koordinierten Präventionsketten ist ein anspruchsvoller Prozess.
Wer vernetzt arbeiten will, muss Routinen verändern, den eigenen Ressourceneinsatz mit anderen koordinieren und ganz allgemein den Schritt von getrennten Zuständigkeiten zur gemeinsamen Verantwortung gehen.
Die Erstellung eines Leitbilds bietet sich als einer der ersten Schritte zur netzwerkförmigen Implementierung des Themas „Prävention“ in der Kommune an. Der Entwicklungsprozess des Leitbilds wirkt unterstützend beim Aufbau des Netzwerks und der weiteren Arbeit daran. Es sich bewährt, die Entwicklung der Präventionsstrategie an ein Leitbild zu koppeln. So entsteht schon durch den beteiligungsorientierten Prozess der Erarbeitung die nötige öffentliche Aufmerksamkeit und Legitimation für Prävention als gesamtkommunale Aufgabe.
Letztlich ermöglicht dies jeder Kommune, ihre Prioritäten passgenau dort zu setzen, wo der größte Handlungsbedarf besteht. In diesem Erarbeitungsprozess wird der im Netzwerk fokussierte Sinn schriftlich festgehalten. Warum soll die Primär- und Verhältnisprävention stärker in den Fokus rücken? Welche Motivation steckt hinter dem Vorhaben, Kindern und Jugendlichen ein gelingendes Aufwachsen zu ermöglichen? Hinter welchen Visionen versammelt sich das Netzwerk für die kommenden Jahre? Als institutionenübergreifende Orientierung hilft das Leitbild, den gemeinsamen Fokus zu behalten, später neue Vorhaben an der kommunalen Gesamtstrategie auszurichten und sie zu legitimieren. Dazu wird es in einem Prozess entwickelt, der bereits wichtige Netzwerkakteure versammelt und für ein gemeinsames Selbstverständnis sorgt.
Strategische Steuerung & Leitbild

Die Entstehung eines lebendigen, agilen Netzwerks, in dem sich alle Netzwerkpartner*innen als Ressource und Akteure verstehen und in das sie sich aktiv einbringen, ist für den Aufbau einer bereichsübergreifenden Steuerung und Zielentwicklung unerlässlich. Um diesem Netzwerk eine zielgerichtete Struktur und die nötige „Durchschlagskraft“ in Anbindung an die hierarchisch organisierte Kommunalverwaltung zu verleihen, bedarf es einer entscheidenden und rahmengebenden Steuerung innerhalb des Netzwerks sowie einer Koordinationsfachkraft, die sich auf die Ziele fokussiert, die Fäden zusammenhält, Qualität sichert und die Kommunikation steuert.
Bereichsübergreifende Entwicklung einer strategischen Steuerung und Zielentwicklung
Für einen sinn- und ergebnisfokussierten Aufbau von Präventionsketten hat sich die Einrichtung einer verlässlichen, kommunal abgestimmten Steuerungsebene im Netzwerk bewährt. Diese bildet gemeinsam mit der Planungsebene, der operativen Ebene sowie Akteuren des Sozialraums ein lebendiges Netzwerk, das in regem wechselseitigem Austausch steht. Das Steuerungsgremium ist hochrangig und bereichsübergreifend zu besetzen, da es die Rolle der Lenkung und Beschlussfassung innehat und das Netzwerk gegenüber anderen (Verwaltungs-)Strukturen vertreten muss.
Die zentrale Funktion und auch Herausforderung des Steuerungsgremiums ist es jedoch, den strategischen Fokus zu halten und fortwährend den gemeinschaftlich fokussierten Sinn des Prozesses im Netzwerk lebendig zu erhalten.
Zielkonkretisierung & -umsetzung
In den Stationen 1 und 2 wurden das kommunale Leitbild und die strategischen Ziele erarbeitet und politisch legitimiert. Da diese der Gefahr unterliegen, dass den allgemein gehaltenen „großen Visionen“ keine Taten folgen, werden nun die konkreten „Hebel“ zur Umsetzung definiert. Dabei werden die vereinbarten strategischen Ziele auf die spezifi schen kommunalen Umsetzungs- und Handlungsmöglichkeiten hin analysiert und reflektiert. Erst auf dieser Basis folgt die Konkretisierung in Form eines kommunal umsetzbaren Handlungskonzepts.
In diesem Schritt entstehen nach Teilzielen und Meilensteinen gegliederte Zielkaskaden, die sich auf die (in der Kommune identifi zierten) Räume und Gruppen von Adressat*innen fokussieren. Gemeinschaftlich werden im Sinne eines kommunalen Projektmanagements Zuständigkeiten für die Umsetzung von Meilensteinen sowie für das Controlling der Zielumsetzung verteilt, Zeitpläne entwickelt und Wirkungsannahmen vereinbart. Konkretisierte Handlungsziele sollten dabei in einer zuständigkeits- und trägerübergreifenden Verantwortungsgemeinschaft entschieden und umgesetzt werden.
Die gemeinschaftliche Trägerschaft der Zielvereinbarungen ist von großer Relevanz für die Realisierung und Umsetzung des Vorhabens. Von Bedeutung ist es zudem, die formulierten strategischen Einzelziele auf allen Ebenen miteinander in Beziehung zu setzen, um ein sich gegenseitig verstärkendes gleichsinniges Wirken zu entfalten – nur so entsteht ein tragfähiges kommunales Handlungskonzept. Dass bei der Umsetzung einzelner Ziele jeweils ein Amt, Dezernat oder sonstiger Akteur die Federführung hat, bedeutet also zugleich, dass alle anderen umsetzungsrelevanten Netzwerkakteure adäquat einzubinden sind.
Ziele können dabei durchaus mittelbar, d.h. nicht direkt auf Veränderungen bei Adressat*innengruppen (Outcome) und Lebenslagen (Impact) ausgerichtet sein – dies gilt z.B. für das Ziel der Schaffung von Netzwerken in benachteiligenden Sozialräumen.
Reflexion & Neuausrichtung
Gemeinsames Wirken in der Präventionskette
Die Präventionskette lässt sich beschreibend im Sinne einer nach Altersphasen und Themenfeldern geordneten Auflistung kommunal verfügbarer Präventionsangebote und -netzwerke, also als Momentaufnahme aller Maßnahmen darstellen. Diese Darstellungsform der Präventionskette zeigt, dass eine Kommune vielfältige Präventionsangebote vorhält. Sie ist aber weder dazu geeignet darzustellen, ob diese Angebote den Bedarf potenzieller Adressat*innengruppen wirklich abdecken, noch hilft sie zu erkennen, ob Einzelmaßnahmen sinnvoll aufeinander bezogen (miteinander
„verkettet“) sind.
Programmatisch wird die Präventionskette hingegen als ein erst noch umzusetzendes Fachkonzept definiert. Die dafür entscheidende Frage ist, inwiefern Angebote und Maßnahmen bedarfsgerecht aufeinander abgestimmt sind und ob und in welchem Umfang von den kommunalen Akteuren eine gemeingutorientierte Perspektive eingenommen wird. In den Anfängen lässt sich dies häufig nur in Form von Guter Praxis konkretisieren. In der weiteren Entwicklung der Präventionskette vertieft sich diese Spur der programmatischen Umsetzung. Das, was eine Präventionskette konkret
ausmacht, muss in diesem Spannungsverhältnis zwischen programmatischem Potenzial und kommunaler Verwirklichung verortet werden. Der Qualitätsrahmen kann dabei als Orientierungshilfe dienen.
Sinnfokussierung
Das Ziel, dass alle Kinder und Jugendlichen in Nordrhein-Westfalen in einer gesunden sowie lernförderlichen Umgebung aufwachsen sollten, ist unumstritten. Es bleibt aber die Frage, weshalb dieses anspruchsvolle Vorhaben mit dem Präventionskettenansatz auf der Ebene der Kommunalverwaltungen angegangen werden
sollte. Diese Frage wird nachfolgend anhand des „Golden-Circle“-Modells von Simon Sinek beantwortet. Simon Sinek entwickelte 2009 den „Golden Circle”, der besagt, dass jeder Mensch, jeder Konzern, jedes Projekt erfolgreicher ist, wenn am Beginn eine Überzeugung, ein höherer Sinn, eine Vision steht.
Diese Wurzel der Leidenschaft und Inspiration nennt er das WARUM bzw. WOFÜR (› WHY). Erst aus dem WHY entstehen das WIE (› HOW) und das WAS (› WHAT). Ein jedes Vorhaben soll demnach nicht mit den Überlegungen zum Ergebnis, zum Produkt oder zu einer konkreten Handlung beginnen, sondern mit jener inneren Überzeugung und Motivation, die überhaupt erst legitimiert und motiviert, dass etwas getan wird. Erst im zweiten Schritt wird dann erarbeitet, wie was umgesetzt und implementiert werden kann, um etwas zu erschaffen, das dem fokussierten Sinn entspricht.
Im Folgenden werden die drei Ebenen des „Golden Circle“ der Präventionskette im Detail erläutert, um die Sinnfokussierung der Gesamtstrategie zu verdeutlichen.
Qualitätsrahmen zum Download
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